Vom Bauerndorf zum Industrie- und Gewerbeort
Aufstrebendes Dorf
Politische Entwicklung
Erstmals wird Bazenheid im Jahre 779 erwähnt, als der Alemanne Hiso dem Kloster St. Gallen Güter aus unserem Dorf schenkte und diese als Lehen gegen einen bescheidenen Zins zurückerhielt. Von den Bewohnern, die ihren Lebensunterhalt grösstenteils als Bauern und Fuhrleute verdienten, waren nicht alle Untertanen der gleichen Herren. Als wichtigste Zinseinnehmer wirkten das Kloster St.Gallen, das Kloster Magdenau und die Grafen von Toggenburg. Nach dem Ausscheiden der Grafen und deren Rechtsnachfolgern, der Freiherren von Raron im Wallis um 1468, lag die politische, richterliche und militärische Macht über das Toggenburg, also auch über die Bazenheider, ganz in den Händen des Klosters St.Gallen. Mit dem Einfall der Franzosen 1798 lösten sich die alten Herrschaftsstrukturen der Fürstabtei St.Gallen auf. Seit 1803, dem Gründungsjahr des Kantons St.Gallen, ist Bazenheid Teil der politischen Gemeinde Kirchberg.
Wirtschaftliches Wachsen
Um 1300 nennt das Jahrzeitbuch von Kirchberg nebst anderen Handwerkern auch Weber und Walker (Gerber). Ein Teil jener Garne und Stoffe aus Hanf und Flachs, welche von Wiler Leinwandhändlern exportiert wurden, stammte aus den untertoggenburgischen Bauerndörfern. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich die Baumwollspinnerei in den Stuben und die Baumwollweberei in den kleinbäuerlichen Webkellern durch. Absatzort war Lichtensteig. Und als die Mechanisierung der Spinnerei (1. Hälfte des 19. Jahrhunderts) und der Weberei (2. Hälfte des 19. Jahrhunderts) sich vom Ausland her durchsetzte, ging es den lohnabhängigen Heimarbeitern schlechter.
Ein erster wirtschaftlicher Aufschwung trat in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein mit der Eröffnung der Toggenburgbahn 1870 und mit der Blüte der Weberei- und Stickereiindustrie. Der Bahnhof Bazenheid garantiert seither den Anschluss des Dorfes an die grosse Welt. Der 1865 gegründeten mechanischen Buntweberei- und späteren Zwirnerei in der Allmend folgten bis 1912 weitere Textilbetriebe: Stickereien in Bräägg (vormals Garage Ammann, heute Naweko GmbH Natursteine), an der Bahnhofstrasse (heute Lüber GmbH, Bahnhofstrasse 26/28) und an der Konsumstrasse 5; Zwirnereien in der Mittelhofstatt (heute Stöckli, Alt-eisen, Nuetenwilerstrasse 15) und in der Nähe der ehemaligen Sonne (heute Haus Grillo, Nuetenwilerstrasse 4). Kosthäuser entstanden, welche Arbeiterfamilien und Arbeiter-Junggesellen beherbergten. Diese Kosthäuser in der Nähe des Bahnübergangs bei der Haupt-strasse sind noch heute bewohnt. Auch wuchs die Zahl der Heimsticker stetig. Daran erinneren die ehemaligen Sticker-Häuser unter anderen an der Neugasse und an der Müselbacherstrasse. Unter- und Oberbazenheid wuchsen näher zusammen mit den Häuserbauten an der Bahnhofstrasse, an der Neugasse und vor allem an der Wilerstrasse. Die mode- und bzw. oder schutzzollbedingten Stickereikrisen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914–18) und in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts führten teilweise zu einer Deindustrialisierung dann zu noch grösserer Vielfalt des Kleingewerbes im noch vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Dorf.
In dieser Zeit, als Bazenheid zu einem Textildorf wurde, eröffnete Landwirt Johann Nepomuk Scherrer 1898 an der Bahnhofstrasse seinen Fuhrhalterbetrieb, aus dem sich drei Familienunternehmen entwickelten, die bis heute Bestand haben: Holenstein AG Transporte und Logistik, Willi Scherrer Kies- und Betonwerk AG und Sepp Holenstein Reisen AG. Anfangs der 1970er Jahre veränderte sich das Dorf stark mit der Ansiedlung neuer Industrien (MICARNA 1966–69, Tiermehlfabrik, TMF 1974, Zweckverband Abfallbeiseitigung, ZAB 1976) und zählt heute rund 4000 Einwohner. Weitere Quartiere entstanden damals an der Spelterinistrasse, im Lindenacker, in der Waldegg, in der Hofmatt, im Ifang, in der Mühlewis, an der Neuwiesstrasse und an der Flurstrasse. Seit der Jahrtausendwende erfolgte ein weiterer Wachstumsschub an Wohnbauten: Hofstatt, Wilerstrasse (ehem. Bäckerei und Café Bösch), Grünaupark, Zentrumswis, Eichbüelhang, Brunnenweg 6, Baderwisstrasse, Bahnhofstrasse (ehem. Sägerei Biedermann), Spelterinipark, Wilerstrasse 14a, Hintere Bahnhofstrasse, Wilerstrasse 49a/b (ehemals Zimmerei Böni).
Allein innerhalb der ersten 15 Jahre des 21. Jahrhunderts entstand deutlich mehr Wohnfläche als im Zeitraum der 100 Jahre vom Beginn der Industrialisierung 1865 bis zur vollen Inbetriebnahme der Micarna 1969. Mit der Schlachtbetrieb AG (SBA) und der Ernst Sutter AG (SUTTERO) siedelten sich an der Neuen Industriestrasse zwei weitere Grossmetzgereien an, gefolgt von den neuen Unternehmungen BAMOS AG sowie der -LABELPACK AG. In der Landwirtschaft arbeiten heute unter 10% der Dorfbewohner.
Öffentlich rechtliche Körperschaften
Selbstständige Körperschaften, welche das ganze Dorf umfassen, sind:
Die katholische Kirchgemeinde Bazenheid Im frühen Mittelalter gehörte Bazenheid mit Kirchberg zur Pfarrei Rickenbach TG und danach bis zur Pfarreigründung um 1900 zur Pfarrei Kirchberg. In der Kapelle zu Unterbazenheid, die ihre heutige Grösse nach längerer Umbauzeit um 1625/26 erhielt, wurden anfänglich nur sporadisch und nach der Gründung der Kirchberger Kaplaneipfründe um 1688 regelmässige Gottesdienste abgehalten. Platznot in Kirchberg führte 1893–95 zum Bau der heutigen neugotischen Pfarrkirche, die anlässlich der Gesamtrenovation von 1974–76 der neuen -Liturgie angepasst wurde.
Während der Glaubenserneuerung um 1529 lösten sich alle Toggenburger von der Abtei St.Gallen los und traten zum neuen Glauben über. Im Zuge der Bilderstürme wurde auch die Laurentiuskapelle verwüstet. Als dann aber drei Jahre später durch den Toggenburger Landfrieden die Landeshoheit der Fürstabtei St.Gallen wieder hergestellt wurde, kehrten die meisten Bazenheider zum alten Glauben zurück.
Die Dorfkorporation Bazenheid ist zuständig für Wasser, Fernsehen/Internet, Fernwärme und Dorfkultur. Sie ist entstanden 1959 aus dem Zusammenschluss der Dorfkorporation Unterbazenheid, gegründet 1856 auf regierungsrätliches Geheiss sowie der Dorfkorporation Oberbazenheid, 1946 gebildet aus der 1898 gegründeten Wasserversorgungsgesellschaft (ab 1909 Wasserversorgungs- und Dorfbeleuchtungsgesellschaft) Oberbazenheid. Aus ihrem Kulturfond unterstützt sie dörfliche Gemeinschafts- und Sachprojekte.